Über 100 Jahre Fidele Horst
Seit über 100 Jahren hat sich der Verein der leichten Muse verschrieben. Seit der Gründung ist das Vereinsleben auf ein Ziel ausgerichtet: Den Menschen Freude zu bringen – sie „Lachen machen“, wie es im Vereinsjargon heißt.
Die Anfänge
Das Vereinslied
Begonnen hat alles mit einer Gruppe junger Burschen, im Alter von 18 bis 20 Jahren, die „voller Lebenslust, ungebunden, verwegen und zu jedem Streich aufgelegt waren“ (Zitat aus der Vereinschronik). Es waren die Junggesellen
Herrmann Minz,
Adolf Allendorf,
Ernst Klopotek,
Willi Ongsiek,
Franz Roszek,
Hans Franke und
Willi Fuchs,
die am 14. September 1919 in der Gaststätte Kraft, Horststraße 39, Gemarkung „op de Horst“, den Gesellschaftsclub Fidele Horst gründeten.
Sinn des Vereins war, die Geselligkeit zu pflegen, denn die „Hörster“ waren stets fidel, darum auch der Vereinsgruß „Immer fidel“. Sie trafen sich wöchentlich zu einem Kommers, dazu kamen monatliche Versammlungen, Ausflüge und Besuche der Nachbarvereine sowie Theaterwettstreite.
Bereits ein halbes Jahr nach der Gründung, am 14. März 1920, gingen die jungen Menschen mit dem humoristischen Terzett „Onkel Hähnchen“ erstmals auf die Bretter die die Welt bedeuten. Schon zwei Monate später, am 9. Mai, wurde das Liederspiel „s ́ Lieserl“ aufgeführt und im September des gleichen Jahres das Drama „Todesurteil“.
Auch Kostümbälle und Tanzabende wurden veranstaltet. 1925 wurde unter der Leitung von Josef Blees eine Gesangsabteilung gegründet.
Von nun an erfreute sich der Verein immer größerer Beliebtheit. In den 30er Jahren hatte er 70 aktive Mitglieder.
Am 4. Dezember 1932 wurde der Vereinsname in „Theaterverein Fidele Horst“ geändert, im August 1933 wurde der Verein „gleichgeschaltet“. Zwar durfte er den Vereinsgruß behalten, jedoch mussten die Mitglieder dabei die rechte Hand heben und aus dem 1. Vorsitzenden wurde der Vereinsführer. 1937 musste der Vereinsname in „Volksspiel-Gruppe-Holsterhausen“ geändert werden! Am 24. September 1939, kurz nach Kriegsbeginn, war der vorläufig letzte Auftritt mit dem Schwank „Die drei Zwillinge“. Dann zwang der Krieg zu einer längeren Pause.
Fidele Horst, vermutlich um 1947
Neustart und neue Erfolge
Doch schon bald nach den Schrecken des zweiten Weltkrieges regte sich trotz der nicht zu übersehenden Trümmerbilder der Nachkriegszeit das Vereinsleben wieder. Schon zwei Jahre nach Kriegsende wurden die Mitglieder 1947 wieder aktiv. Allerdings stand in Holsterhausen kein Saal mehr zur Verfügung. Den Kraftschen Saal hatte die katholische Kirchengemeinde gemietet, weil die Kirche zerstört war. Bei Oelmann war ein Kino aufgemacht worden. So musste der Verein „auswandern“, der „Sassenhof“ in Crange wurde kurzfristig seine neue Heimat. Hier wurde die Posse „Die vier Schlaumeier“ aufgeführt.
Weil jedoch im Sassenhof Flüchtlinge untergebracht worden waren, mussten sich die „Fidelen Horster“ schon ein Jahr später wieder eine neue Spielstätte suchen. Bis 1950 fand der Verein Ersatz in Wanne bei Schulte-Berge. Dann war der Kraftsche Saal wieder frei und so konnte endlich wieder in Holsterhausen gespielt werden. Aber nicht lange! Denn schon 1955 wurde auch daraus ein Kino gemacht. Haus Pfetzing wurde das Vereinslokal, gespielt wurde ab 1956 im Wanner Saalbau und später auch im Herner Kulturzentrum.
Aufschwung und Rekorde
Die Beliebtheit des Amateurtheaters „Fidele Horst“ war in den 70er Jahren auch daran erkennbar, dass 1974, 1976, 1977 und 1978 sogar zwei Stücke pro Jahr aufgeführt wurden. Zu einer Unterbrechung kam es lediglich 1973. Wegen der Umbauarbeiten am Saalbau konnte der Verein dort nicht spielen. Aus dem Plan, in diesem Jahr eine Aufführung in der Realschule Crange durchzuführen, wurde nichts. Stattdessen entschied sich der Verein, 1974 zwei Stücke aufzuführen. Im April stand der Schwank „Der wahre Jakob“ auf dem Plan, im November folgte „Die geborgte Frau“. Als der Saalbau am 30. September 1975 wieder eröffnete, standen die Schauspieler von Fidele Horst mit dem Schwank „Tante Frieda“ wieder auf der Bühne des Saalbaus.
Nachdem der 1911 als Kaisergartensaal eröffnete Saalbau am 18. August 1981 ausgebrannt war, wich der Verein zwei Jahre auf das Kulturzentrum aus, ehe er für zwei Millionen DM wieder aufgebaut wurde. Ab Mitte der 80er Jahre bis in die frühen Jahre des neuen Jahrtausends erlebte „Fidele Horst“ einen Aufschwung und konnte jährlich einen neuen Zuschauerrekord verbuchen. Den Top-Rekord hält hier das Lustspiel „Einmal Bali und zurück“ im Jahr 2005: sechs ausverkaufte Vorstellungen im Saalbau, der 2003 zum Mondpalast umgetauft wurde, und weitere vier sehr gut besuchte Aufführungen im Kulturzentrum sorgten für rund 5.500 Zuschauer. Aber man spielte nicht nur in Wanne-Eickel und Herne, es gab auch Gastspiele in Castrop-Rauxel und Wattenscheid, denn „Fidele Horst“ ist auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Durch Stücke wie „Familie Schippanowsky“ etablierte „Fidele Horst“ die Ruhrgebiets-Komödie, wagte sich an Boulevard-Komödien von Ray Cooney oder Dave Freeman oder brachte Stücke des französischen Autors Marc Camoletti auf die heimischen Theater-Bretter.
Jüngste Vergangenheit
Zu einer weiteren Pause kam es 2012 aus vereinsinternen Gründen. Es war nicht klar ob und in welcher Form der Verein fortbestehen sollte. Am 30. Oktober stimmen die Mitglieder sogar über die Frage ab, ob der Verein aufgelöst werden soll. Letztlich fiel das Votum zum Weitermachen deutlich aus. Zwar gab es einen Mitgliederschwund, jedoch erfuhr „Fidele Horst“ durch Zugänge talentierter und engagierter Schauspieler und Mitwirkenden einen wiederbelebenden Aufschwung.
Durch den gelungenen Neustart 2013 mit der Komödie „Ein ganz spezieller Mord“ mit der überragenden Martha Schuster in ihrer letzten Bühnenrolle knüpfte der Verein an die Erfolge früherer Jahre an. Innovative Ansätze, wie der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern, um ganz im Sinne von Inklusion auch Menschen mit Behinderung die kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, lassen „Fidele Horst“ in neuem Glanz erstrahlen. Zu einem der Höhepunkte im Reigen der jüngeren Aufführungen wurde 2018 die Komödie „Der Neurosen-Kavalier“ mit stehenden Ovationen der begeisterten Zuschauer in allen sieben Aufführungen. An diesem Erfolg knüpften die „Fidelen Horster“ im Jubiläumsjahr mit dem Schwank „Die spanische Fliege“ an.